Lied eines Schiffers an die Dioskuren
Wer auch fest in sich begründet, Unverzagt dem Sturm begegnet Fühlt sich doch in euren Strahlen Doppelt mutig und gesegnet.
Dieses Ruder, das ich schwinge, Meeresfluten zu zerteilen, Hänge ich, so ich geborgen, Auf an eures Tempels Säulen, Dioskuren, Zwillingssterne.
He who firmly believes in himself and unswervingly meets the storm feels himself, in your light, doubly courageous and blessed.
This oar that I brandish to part the ocean waves, I shall hang, once I am safe on land, up on your temple’s pillars, Dioscuri, twin stars.
Schäfers Klagelied
Dann folg ich der weidenden Herde, Mein Hündchen bewahret mir sie. Ich bin herunter gekommen Und weiß doch selber nicht wie.
Da stehet von schönen Blumen Die ganze Wiese so voll. Ich breche sie, ohne zu wissen, Wem ich sie geben soll.
Und Regen, Sturm und Gewitter Verpass ich unter dem Baum. Die Türe dort bleibet verschlossen; Doch alles ist leider ein Traum.
Es stehet ein Regenbogen Wohl über jenem Haus! Sie aber ist fortgezogen, Und weit in das Land hinaus.
Hinaus in das Land und weiter, Vielleicht gar über die See. Vorüber, ihr Schafe, nur vorüber! Dem Schäfer ist gar so weh.
I have followed my grazing flock, my hound standing guard for me. I have come down somehow and I do not myself know how.
The whole meadow is full of lovely flowers. I pick them without knowing whom I should give them to.
And rain, storm and thunder – beneath the tree I wait for it to pass. The door there remains closed, for all is unfortunately a dream.
There’s a rainbow arching over that house! But she has gone, far away to distant lands.
To distant lands and further, perhaps even across the sea. It’s all over, my sheep, it is simply all over! It is such woe for your shepherd.
Das Wandern
Vom Wasser haben wir’s gelernt, Vom Wasser! Das hat nicht Rast bei Tag und Nacht, Ist stets auf Wanderschaft bedacht, Das Wasser.
Das sehn wir auch den Rädern ab, Den Rädern! Die gar nicht gerne stille stehn, Die sich mein Tag nicht müde drehn, Die Räder.
Die Steine selbst, so schwer sie sind, Die Steine! Sie tanzen mit den muntern Reihn Und wollen gar noch schneller sein, Die Steine.
O Wandern, Wandern, meine Lust, O Wandern! Herr Meister und Frau Meisterin, Laßt mich in Frieden weiterziehn Und wandern.
We’ve learned this from the water, From the water! It does not rest by day or night, It’s always thinking of its journey, The water.
We see this also with the wheels, The wheels! They don’t like to stand still, And turn all day without tiring. The wheels.
The stones themselves, heavy though they are, The stones! They join in the cheerful dance, And want to go yet faster. The stones!
Oh, wandering, wandering, my joy, Oh, wandering! Oh, Master and Mistress, Let me continue in peace, And wander!
Wiegenlied
Schlafe in dem süßen Grabe, Noch beschützt dich deiner Mutter Arm, Alle Wünsche, alle Habe Faßt sie lieben, alle liebwarm.
Schlafe in der Flaumen Schoße, Noch umtönt dich lauter Liebeston, Eine Lilie, eine Rose, Nach dem Schlafe werd’ sie dir zum Lohn.
Sleep, do sleep in your sweet cradle, Still protected by your mother’s arm, All her wishes, all your talents Fulfilled, in her steady love.
Sleep, do sleep, in that downy embrace, You only hear a gentle crooning, Dewy flowers: lilies and roses, After slumber they will be your prize.
Das Fischermädchen
Leg an mein Herz dein Köpfchen Und fürchte dich nicht zu sehr; Vertraust du dich doch sorglos Täglich dem wilden Meer.
Mein Herz gleicht ganz dem Meere, Hat Sturm und Ebb’ und Flut, Und manche schöne Perle In seiner Tiefe ruht.
Lay your little head on my heart, And do not be too frightened; Indeed, you trust yourself fearlessly Daily to the wild sea!
My heart is just like the sea, Having storms and ebb and flow, And many beautiful pearls Rest in its depths.
Die Forelle
Ein Fischer mit der Rute Wohl an dem Ufer stand, Und sah’s mit kaltem Blute, Wie sich das Fischlein wand. So lang dem Wasser Helle, So dacht ich, nicht gebricht, So fängt er die Forelle Mit seiner Angel nicht.
Doch plötzlich ward dem Diebe Die Zeit zu lang. Er macht Das Bächlein tückisch trübe, Und eh ich es gedacht, So zuckte seine Rute, Das Fischlein zappelt dran, Und ich mit regem Blute Sah die Betrogene an.
A fisher with his rod stood at the water-side, and watched with cold blood as the fish swam about. So long as the water remained clear, I thought, he would not be able to capture the trout with his rod.
But finally the thief grew weary of waiting. He stirred up the brook and made it muddy, and before I realized it, his rod was twitching: the fish was squirming there, and with raging blood I gazed at the deceived fish.
Gondelfahrer
Du kannst in Mondesstrahlen Nun, meine Barke, wallen; Und aller Schranken los, Wiegt dich des Meeres Schoß.
Vom Markusturme tönte Der Spruch der Mitternacht: Sie schlummern friedlich Alle, Und nur der Schiffer wacht.
You can, in the moonbeams, now drift, my boat; and be rid of all barriers, cradled in the bosom of the sea.
From St. Mark’s tower tolls the proclamation of midnight: All slumber peacefully and only the boatman is awake.
Die junge Nonne
Immerhin, immerhin, so tobt’ es auch jüngst noch in mir! Es brauste das Leben, wie jetzo der Sturm, Es bebten die Glieder, wie jetzo das Haus, Es flammte die Liebe, wie jetzo der Blitz, Und finster die Brust, wie das Grab.
Nun tobe, du wilder gewalt’ger Sturm, Im Herzen ist Friede, im Herzen ist Ruh, Des Bräutigams harret die liebende Braut, Gereinigt in prüfender Glut, Der ewigen Liebe getraut.
Ich harre, mein Heiland! mit sehnendem Blick! Komm, himmlischer Bräutigam, hole die Braut, Erlöse die Seele von irdischer Haft. Horch, friedlich ertönet das Glöcklein vom Turm! Es lockt mich das süße Getön Allmächtig zu ewigen Höhn. Alleluja!
All the same, ever the same, so it raged in me not long ago as well: My life roared, like the storm does now, My limbs trembled, like the house does now, Love burst into flame, like the lightning now, And my heart was as dark as the grave.
Now rage, you wild, powerful storm, In my heart there is peace; in my heart there is calm. The groom is awaited by the loving bride, Cleansed by the purifying flames, To eternal Love betrothed.
I await you, my Savior, with a yearning gaze! Come, my heavenly bridegroom, take your bride, Rescue her soul from earthly imprisonment. Listen: the bell rings peacefully from the tower! That sweet tone invites me overpoweringly to eternal heights. Halleluja!
Einsiedelei
Wie sich das Herz erweitert Im engen, dichten Wald! Den öden Trübsinn heitert Der traute Schatten bald. Kein überleg’ner Späher Erforscht hier meine Spur; Ich bin hier frei und näher Der Einfalt und Natur.
How my heart expands In the dark, dense forest! Gloom and melancholy are soon cheered By the friendly shade. No disdainful spies Follow my steps; I am free and closer here To simplicity and nature.
Das Zügenglöcklein
Aber wer will wandern Zu den lieben Andern, Die voraus gewallt? Zog er gern die Schelle? Bebt er an der Schwelle, Wann Herein erschallt?
Gilt’s dem bösen Sohne, Der noch flucht dem Tone, Weil er heilig ist? Nein, es klingt so lauter, Wie ein Gottvertrauter Seine Laufbahn schließt.
Aber ist’s ein Müder, Den verwaist die Brüder, Dem ein treues Tier Einzig ließ den Glauben An die Welt nicht rauben, Ruf ihn, Gott, zu dir!
Ist’s der Frohen einer, Der die Freuden reiner Lieb und Freundschaft teilt, Gönn ihm noch die Wonnen Unter dieser Sonnen, Wo er gerne weilt!
But who would travel after those dear others who have gone before? Does he gladly ring the bell? For he trembles on the threshhold when they cry “Enter!”
Is it directed at the wicked son, who is even still cursing the tone because it is holy? No, it rings louder as a god-fearing man nears the end of his life’s run.
But if it is for one who is weary, who was bereft of his brothers, whom some loyal beast once helped, preventing his faith from being robbed by the world – it calls him, God, to you!
If it is one of those joyful ones, who share pure happiness, love and friendship, grant him still some joy under the sun, where he tarries gladly!
Des Sängers Habe
Wenn des Grames Wolken ziehen, Haucht sie Trost in meine Brust, Und aus ihrem Golde blühen Alle Blumen meiner Lust.
Will die Liebe nicht gewähren, Freundschaft brechen ihre Pflicht, Kann ich beide stolz entbehren, Aber meine Zither nicht.
Reißet meines Lebens Sehne, Wird sie mir ein Kissen sein, lullen mich die süßen Töne In den letzten Schlummer ein.
In den Grund des Tannenhaines Senkt mich leise dann hinab; Und statt eines Leichensteines Stellt die Zither auf mein Grab,
Daß ich, wenn zum stillen Reigen, Aus des Todes dunklem Bann, Mitternachts die Geister steigen, Ihre Saiten rühren kann.
Daß ich, wenn aus des Todes Bann Mitternachts die Geister steigen, Ihre Saiten rühren kann.
When the clouds of suffering threaten, It breathes trust into my heart, And all the flowers of my delight Bloom from its golden strings.
If love grants me nothing And friendship fails in its duty, I can do without either of them But not without my zither.
Tear the sinews of my life And it will become my pillow, And its sweet tones will lull me Into my last sleep.
Then lower me gently into the earth Below the grove of pine tress; And instead of a tombstone, Place the zither on my grave,
So that when the spirits rise At midnight from the realm of the dead To dance in silence, I can touch its strings.
That I, from death’s realm At midnight, when the spirits rise, Can touch its strings
Totengräbers Heimweh
O Schicksal, o traurige Pflicht Ich trag’s länger nicht! Wann wirst du mir schlagen, o Stunde der Ruh? O Tod! komm und drücke die Augen mir zu!
Im Leben, da ist’s ach! so schwül, ach! so schwül! Im Grabe so friedlich, so kühl! Doch ach! wer legt mich hinein? Ich stehe allein, so ganz allein!
Von allen verlassen, dem Tod nur verwandt, Verweil ich am Rande, das Kreuz in der Hand, Und starre mit sehnendem Blick hinab Ins tiefe, ins tiefe Grab!
O Heimat des Friedens, der Seligen Land, an dich knüpft die Seele ein magisches Band. Du winkst mir von ferne, du ewiges Licht, es schwinden die Sterne, das Auge schon bricht, – ich sinke, ich sinke! Ihr Lieben, ich komm!
O Fate, o sad duty, I can stand it no longer! When will you come, O hour of peace? O Death! come and press my eyes closed!
To be alive is so oppressive! In the grave it’s so peaceful, so cool! But alas! who will lay me in my grave? I am alone, so utterly alone!
Abandoned by all, with Death my only kin, I linger at the edge, a cross in my hand, and stare with yearning down into the deep, deep grave!
O home of peace, O blessed land, to you the soul is bound by a magical bond. You beckon from afar, you eternal light. The stars disappear, my eyes fail – I’m sinking, dying! My loved ones, I’m coming!